Neue Töne aus Davos

Neue Töne aus Davos

Will der Kapitalismus überleben, dann muss er reformiert werden. Dieses Credo zeichnet sich beim Weltwirtschaftsforum in Davos ab, wo sich noch bis Sonntag rund 2500 Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft treffen. Jeglicher Hoffnung, dass man aus der Krise vielleicht noch einmal davon gekommen sei, wird in den zahlreichen Diskussionsforen sofort diese Mahnung entgegengesetzt. Gemeinsam ist fast allen, dass es ohne eine Reform der Finanzstrukturen weltweit und ohne Beschränkungen des Finanz- und Bankenwesens nicht weiter gehen kann.

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat dies von politischer Seite explizit bei seiner Eröffnungsrede am Mittwochabend gefordert. Und schon beim nächsten Gipfel der G20 in Südkorea im November könnte es soweit sein.

Wenn vielleicht nicht immer logisch und zusammenhängend, so analysierte Sarkozy aber doch wohl treffend, dass es eine “Krise der Globalisierung” gibt, weil die Teilnehmer am Kapitalismus es zu weit getrieben haben. Und nur die Staaten, sprich die Steuerzahler, hätten den völligen Absturz, den Crash verhindert. Da bekamen es dann noch einmal die Banker vorgehalten, dass sie ihre Arbeit nicht richtig gemacht hätten. Sie hätten zu bewerten, wer Kredite bekomme. Und Spekulation gehöre nicht zu ihren Aufgaben.

Einem der größten Spekulanten auf dieser Welt, dem Milliardär George Soros, gehen sogar die für Banken grausamen Forderungen von US-Präsident Barack Obama zur Beschneidung ihrer Geschäftspraktiken nicht weit genug – er spricht von Zerschlagen. Und so wunderte es Beobachter in Davos nicht, dass sogar selbstbewusste Bankgrößen wie Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann auf solche Forderungen nur zaghaft kontern.

Sarkozy sieht zum Kapitalismus keine Alternative. Nur dass der Markt machen könne, was er wolle, das gehe so nicht weiter. “Von dem Augenblick an, als wir die Idee akzeptiert haben, der Markt habe immer recht und dass keine anderen, gegenteiligen Faktoren in Betracht gezogen werden müssen, geriet die Globalisierung außer Kontrolle”, sagte Sarkozy.

Ähnlich beurteilt es Südkoreas Präsident Lee Myung-Bak, dessen Land im November Gastgeber eines Gipfels der G20-Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen ist. Dort soll die angestoßene Reform des internationalen Finanzsystems konkret werden. Wichtiger Gesichtspunkt: Nationale Alleingänge bringen gar nichts. Ein weltweit gültiger Ansatz wird benötigt.

Da wird der Hinweis des südkoreanischen Präsidenten bedeutsam, dass es ja gerade die Industriestaaten sind, von denen die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise ausging, die nun nach Reformen verlangen. Gerade in den Schwellenländern höre man da aufmerksam zu, wie in Davos aus diesen Kreisen zu vernehmen war. Denn Länder wie China und Indien, aber auch Brasilien und Mexiko dürften es sein, die den Konjunkturzug wieder anziehen werden.

“Während man in Europa noch viel husten und stottern wird, könnte es dort bald schon wieder wie geschmiert laufen”, meinte ein deutscher Konjunkturexperte.

Da möchte zwar jeder gerne dabei sein, aber so weit ist die Welt noch lange nicht. Ob es etwa beim 41. Davoser Treffen im Januar 2011 soweit sein wird, scheint vielen, manche sagen viel zu vielen, durchaus schleierhaft. Eine Lösung, wie man aus der Krise dauerhaft herauskommt, hat in Davos jedenfalls bislang keiner glaubhaft präsentieren können.